Vierter „Health Circle“ der Initiative Gesundheitswirtschaft:
Wie viel Ökonomisierung verträgt ein solidarisches Gesundheitssystem?
Potsdam, 18.09.2013
Unter dem Titel "Ökonomie und Medizin - Zwei Welten prallen aufeinander" hat kürzlich in der Villa Schöningen in Potsdam der vierte Health Circle der Initiative Gesundheitswirtschaft Brandenburg e.V. stattgefunden.
Hartmut Reiners hat in seinem Vortrag Impulse für die anschließende Diskussion mit rund 45 Gästen gegeben.
Hartmut Reiners ist einer der erfahrendsten deutschen Experten für Gesundheitspolitik und Autor zahlreicher Fachbücher wie "Krank und pleite", "Mythen der Gesundheitspolitik" oder "Leben bis zuletzt, Finalversorgung von Tumorkranken".
Reiners, bis 2010 Reiners, bis 2010 im brandenburgischen Gesundheits- und Sozialministerium Referatsleiter für Grundsatzfragen, behandelte in seinem Vortrag verschiedene kontroverse Thesen – unter anderem, warum die angebliche Kostenexplosion im Gesundheitswesen und der kostenintensive medizinische Fortschritt für ihn in das „Reich der Märchen“ gehören.
Eine der zentralen Fragen aus märkischer Sicht ließ Reiners auch nicht außen vor: Wie kann ein funktionierendes Gesundheitssystem im Flächenland Brandenburg aussehen, dass eine optimale Versorgung mit maximaler Kosteneffizienz vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung gewährleistet?
Unter der Moderation der freien Journalistin Dr. Ursula Weidenfeld, früherer Ressortleiterin bei der Financial Times Deutschland und stellvertretender Chefredakteurin des Berliner Tagesspiegels, stand Reiners zu diesen und anderen Fragen aus dem Publikum Rede und Antwort.
Reiners entwickelte das Bild einer Gesundheitsregion mit zwei Schwerpunkten. Während im berlinnahen Bereich und in Berlin ein ausgeprägter medizinischer Wettbewerb herrsche und innovative Behandlungsmethoden im ambulanten und stationären Bereich auf Weltniveau entwickelt würden, stelle sich im ländlichen Bereich die Frage nach der ärztlichen Versorgung ganz anders. „Es ist völliger Blödsinn, und das wissen auch alle, Krankenhäuser in der Fläche zu erhalten, die keine Patienten mehr finden“, sagte er. An die Stelle der Klinik werde oft das medizinische Versorgungszentrum treten, in dem auch ambulante Operationen durchgeführt werden könnten. Dazu müsse das in Ostdeutschland bewährte System der Gemeindeschwester wiederbelebt werden in den Gegenden, in denen auch kein wohnortnaher Hausarzt mehr zur Verfügung stehe.
In dem Zusammenhang unterstützte Reiners einen „Masterplan Gesundheit für Berlin und Brandenburg“. Es sei ein Unding, dass in Brandenburg niedergelassene Ärzte fehlten, während in Berlin ein Überschuss herrsche. „Nur weil die Familie nicht aufs Land ziehen will, sollte kein Arzt in Berlin festsitzen“, sagte Reiners. Der demografische Wandel zwinge zu neuen Wegen: So hat etwa das Versorgungsstrukturgesetz zuletzt die ärztliche Residenzpflicht aufgehoben.Pressinformation vom 18.09.2013 (82 KB)